Linn"Als könntest du etwas dafür! Du bist doch nicht Schuld daran, verdammt! Nur, wenn du meinst, dich abkapseln müssen, bedeutet es nicht, dass mir nun nichts passiert! Und du willst mir wirklich weismachen, dass, wenn du unsere Freundschaft einfach so wegschmeißt, ich dir dann ganz plötzlich doch nichts mehr bedeute?! Mach deine Augen auf, JJ! Es ist nicht deine Schuld! Ich hab doch auch Personen verloren!", schrie ich durchs Telefon. Kurz herrschte Stille.
"Carla und ich sind gar keine Schwestern. Naja, zumindest nicht ganz. Wir sind Halbgeschwister. Unsere beiden Mütter waren beste Freundinnen, blieben es sogar auch, als sie erfuhren, dass unser gemeinsamer Vater beide geschwängert hatte. Was glaubst du, warum uns nur ein paar Wochen unterscheiden? Mein Vater hat sich von meiner Mutter dann scheiden lassen. Nur alle 2 Wochen konnte ich ihn sehen und Carla nur ein Mal im Monat oder so. Dann verstarb meine Mutter an Krebs. Sie litt schon seit ihrer Geburt daran und es ist ein Wunder, dass sie die Geburt überstanden hatte und ich kerngesund bin. Somit musste ich zu meinem Vater ziehen, der mich wegen seiner Arbeit aber nicht großziehen konnte und mich an Carlas Mutter weiterschickte. Als ich 8 Jahre alt war, verstarb auch mein Vater an einer einfachen Lungenentzündung. Da ich nun beide Elternteile verloren hatte, müsste ich theoretisch ins Heim, doch Carlas Mutter übernahm die Rolle als meine Erziehungsberechtigte. Ich wuchs also bei ihr und Carla auf, alles war so schön, bis sie dann starb. Zu viel Alkohol hat sie getrunken. Nur wegen mir. Ich war ihr trotz allem ein Dorn im Auge, dennoch sagte sie nichts und war so liebevoll zu mir. Und Carla konnte mich nicht einmal deswegen hassen, was ich bis heute immer noch nicht verstehen kann. Jedenfalls... Zu dieser Zeit war Jane bei uns. Sie sorgte für uns so lange es ging, doch leider musste sie nach einiger Zeit zurück nach Amerika. Das war vor 4 Jahren. Während Carla bei ihrer Großmutter blieb, ging ich mit Jane nach Kalifornien. Es war die Chance auf ein neues Leben, ich konnte mich frei entfalten, konnte über den Schmerz hinwegkommen oder besser gesagt gewöhnen, weil ich mich an den Personen festgehalten habe, die mir wichtig sind. Und nicht einfach alle von mir wegstoße...". Es herrschte lange Stille. "Auf Wiedersehen, JJ", flüsterte ich dann lächelnd und legte auf. Schnell rannte ich die Treppe hinunter in den Flur und zog Jacke, Schal, Mütze und Schuhe an. "Wo gehst du hin?", hörte ich Dajan fragen. "Sorry, Leute. Ich brauche unbedingt frische Luft...".